Der Weg des SUV-Fahrers vom dynamischen Bürohengst zum alternden Ackergaul

Ich erinnere mich noch gut an meine erste Begegnung mit einem SUV und dessen Fahrer. Wir schrieben das Jahr 2010, es handelte sich um einen Kia Sportage, und ich hatte vorher noch nie solch ein Fahrzeug gesehen. Am Steuer saß Hilmar. Hilmar war ein gut aussehender und für mich sehr geheimnisvoller Kollege, den ich über Monate gnadenlos angebaggert habe. Hilmars für mich unbekannte Persönlichkeit führte dazu, dass auch sein fahrbarer Untersatz einen ganz besonderen Status in meinem Kopf erlangte. Damals wusste ich noch nicht, dass man diese Dinger „SUV“ nannte und eines Tages ein kapitaler Streit über deren Daseinsberechtigung ausbrechen würde.

Für eine Weile verband man mit dem SUV Dynamik, Schnelligkeit und Fahrvermögen. Denken Sie an Jutta Kleinschmidt, die mit ihrem Touareg mehrmals an der Rallye Paris-Dakar teilgenommen hatte! Sie war der Inbegriff von Sportlichkeit und Coolness – eine Frau, die (erfolgreich) bei einer Wüstenrallye mitfuhr! Nicht nur deswegen bekamen auch Hilmar und sein Kia von mir den Dynamikbonus.

Heute ist der SUV nicht nur Stein des Anstoßes für Grüne, Umweltschützer und Klimaaktivisten, auch sein Status als sportliches Fahrzeug für dynamische Menschen hat sich in verpestete Luft aufgelöst. Heute steigt aus diesem Fahrzeug in der Regel eine ältere Person mit krummem Rücken und/oder Rollator. Gefahren sind sie vorher, als hätten sie nicht den SUV bewegt, sondern nur den Rollator.

Das ist eine Entwicklung, die ich erschreckend finde. Man kann sich einfach nicht mehr darauf verlassen, dass in diesem Fahrzeug ein dynamischer Mensch beheimatet ist, ganz im Gegenteil! Wenn wir uns bereits von meinen Denkversuchen kennen, wissen Sie, dass ich seit geraumer Weile mit dem SUV im Allgemeinen und seinen in der Regel berenteten Fahrer/innen im Besonderen hadere.

Würde also heute solch ein Kia Sportage vor mir herfahren, säße möglicherweise immer noch Hilmar am Steuer. Aber auch Hilmar wäre inzwischen wahrscheinlich ein gesetzter älterer Herr mit Bierbauch, der 60 km/h fährt, wo 70km/h erlaubt sind, der Vollbremsungen vor Kreiseln macht und mir auf die Nerven geht, wenn er vor mir herfährt.

Hilmar, falls Du mitliest und alles ganz anders ist: Bitte entschuldige! Du bist eine Art Kollateralschaden in meinem Gehirn. Beschwere Dich bei Deinen SUV-Kollegen.

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